zur Geschichte

Eisfahrt mit der MS Senftenberg

Diese Erlebnisse sind aus Erinnerungen aufgeschrieben, die einige Jahre zurückliegen. Ich bitte um Verständnis wenn sich einiges anders abgespielt hat als ich es aus heutiger Sicht niederschreibe. Von unserem damaligen Kapitän, Herrn Schmidt habe ich einen Bericht über die Havarie bekommen, der mir viele Details wieder ins Gedächtnis rief. Darauf hin habe ich einige Passagen meines Textes geändert. Die ganze Geschichte ist von Herrn Schmidt in dem Buch Bordgeschichten II veröffentlicht worden.

Nach einem mehr oder weniger tollem Werftaufenthalt in Stettin im Januar, Februar 1985 sollte unsere erste Reise nach Riga führen, um dort Kohle zu laden. Die Hinreise verlief ohne Probleme  obwohl die Rigaer Bucht schon zugefroren war. In Riga luden wir ca. 11000 to Steinkohle mit Ziel Rostock.

Gleich nach dem Auslaufen aus Riga wurde dann ein Konvoi zusammengestellt, der vom Eisbrecher MV “Kapitan Woronin” begleitet wurde. Als der Eisbrecher einen in Lebensgefahr befindlichen Seemann übernehmen und an Land  bringen musste, stoppte der Konvoi und musste warten. Durch den stärker werdenden Wind begann das Eis zu driften. Die Senftenberg lag an einer so ungünstigen Position, dass es zu starken Eispressungen kam.

Im ganzen Schiff krachte und quietschte es. Die Kammern des D - Decks wurden auf Anweisung des Kapitäns  geräumt und wir sahen uns schon nach einem Fluchtweg vom Schiff um, der nicht zu schwierig gewesen wäre, denn das Eis schob  sich schon an der Bordwand nach oben an Deck.

In der Nacht bemerkten wir bei unseren ständigen Kontrollen keine größeren Schäden. Am nächsten Morgen, wir wollten die Fahrt im Konvoi fortsetzen, da schaute der Bootsmann über das Schanzkleid, um die Farbe der Außenhaut zu betrachten, als er das Leck sah. Das Eis hatte die Bordwand, 10 mm Schiffbaustahl, aufgerissen wie eine Konservendose. Die Schiffsführung und die Besatzung taten alles um die Sicherheit und Stabilität des Schiffes zu erhalten. Wir hatten ca. 600 to Wasser im Schiff. Der zur Hilfe gerufene Eisbrecher begleitete die “Senftenberg” in eisfreies Wasser, wo dann die zu uns beorderte MS “Auersberg” auf uns wartete um uns zum Nothafen nach  Ventspils zu begleiten. Erst nach stundenlangen  Verhandlungen durften wir dann einlaufen und machten an der Chemikalienpier fest.

Der aus Leningrad stammende Bergungsschlepper “Epron” half uns mit seiner Technik, das Leck abzudichten und die Senftenberg wieder soweit Seetüchtig zu machen, dass wir unsere Reise nach Rostock fortsetzen konnten. Während der Liegezeit in Venspils versorgte uns die in Linie fahrende MT “Bussewitz” mit Lebensmitteln. Die MT “Bussewitz” war es auch, die uns dann nach Rostock begleitete. Später, in der Warnemünder Werft  sagte mir ein alter Schiffbauer: “Ohne Euer eingenietetes Deck wäre der Riss wahrscheinlich weitergelaufen und das Schiff wäre durchgebrochen”.

Das “I” Tüpfelchen

Während der Reparaturarbeiten lag die Senftenberg in direkter Nähe des Gaslagers. (vor und hinter uns Gastanker). Ich saß in meiner Kammer und wartete auf die Behörden für die Ausklarierung, als es  mehrere starke Explosionen gab. Beim Blick aus dem Fenster bestätigte sich das Gehörte. Einige hundert Meter von uns entfernt, explodierte der Tanker MT “General Ludvig Svoboda” mit Benzin an Bord. Ich sah Menschen aus den Aufbauten klettern und ins eiskalte Wasser springen. Bei der 3. Explosion zerriss es das Vorschiff und der Tanker sackte auf Grund. Die herbeigeeilte Feuerwehr konnte von Land aus nichts machen. Die ganze Pier brannte und  brennendes Öl trieb auf dem Wasser auf uns zu. Die MT “Bussewitz” schmiss die Leinen los und und verließ ohne Lotsen und Schlepperhilfe den Hafen. Wir, gehandicapt und ohne Chance von der Pier wegzukommen, mussten liegen bleiben. Die später dazugekommenen   Hafenschlepper brachten den Brand nach etlichen Stunden unter Kontrolle.  Als wir dann am Abend gegen 22:00 Uhr  auslaufen durften, brannte das Wrack noch immer. Nach Informationen eines schwedischen Radiosenders gab es damals 5 Tote bei diesem Unglück.

diese beiden Bilder stellte mir Kapitän Herr Schmidt für meine Homepage freundlicherweise zur Verfügung